„Wir denken lieber über das nach, was geht.“

„Wir denken lieber über das nach, was geht.“

Sie wollen einen flexiblen Betriebszusammenschluss, keine starre Erzeugergemeinschaft: fünf schweinehaltende Betriebe im Nordwesten Deutschlands gehen seit 12 Jahren zusammen neue Wege. Erst als Maschinenzusammenschluss, dann bei Beregnung und Biogasanlage und jetzt auch bei der Dinkelaufbereitung und -vermarktung. praxisnah sprach stellvertretend mit Matthias Eckhoff aus Heeslingen in Niedersachsen über Geschäftsmodelle und Ziele.

Der Betrieb von Matthias Eckhoff ist auf den ersten Blick typisch für die Region und die Partnerbetriebe sind ähnlich aufgebaut: ca. 200 Hektar Ackerland (fast ausnahmslos in Roten Gebieten), Mastschweinehaltung, in der Fruchtfolge stehen Silomais, Kartoffeln und Zwiebeln, Winterroggen und Dinkel. Die Böden sind leicht, weisen zwischen unter 20 bis ca. 30 Bodenpunkte auf und können beregnet werden. Durchschnittlich fallen im Jahr ca. 700 mm Regen und das Klima so dicht an der Nordsee bringt nur selten Extremtemperaturen.


Haben gemeinsam in eine Dinkelschälanlage investiert: (v. li. nach re.) Andreas Müller, Jürgen Beneke, Hinrich Holsten, Matthias Eckhoff, es fehlt Andreas Pape.
Haben gemeinsam in eine Dinkelschälanlage investiert: (v. li. nach re.) Andreas Müller, Jürgen Beneke, Hinrich Holsten, Matthias Eckhoff, es fehlt Andreas Pape.


Interessant wird es vor allem dann, wenn man hinter die Kulissen schaut. Vor 12 Jahren gründete Matthias Eckhoff zusammen mit drei anderen Betrieben eine Maschinengemeinschaft: Man kaufte einen Teil der benötigten Maschinen über das neue Unternehmen ein und nutzte sie dann gemeinsam. Nachdem das sehr gut funktionierte, beschloss man einige Jahre später, dasselbe Geschäftsmodell für eine gemeinsame Beregnung aufzuziehen. Dann kam eine gemeinsame Bio­gas­anlage dazu, an der sich drei der Betriebe beteiligten. Früher mischte man das Futter selbst und hielt dafür entsprechende Silos vor. Da nun wegen des Silomaises der Getreideanteil in den Fruchtfolgen zurückging, kaufen die Betriebe jetzt Fertigmischungen ein. Die Silos wurden teilweise nicht mehr genutzt.


Vermarkter wurden über die Abnehmerkarte gefunden

2020 stieß die Gruppe auf die interaktive Abnehmerkarte der SAATEN-UNION, die dabei helfen soll, bundesweit Abnehmer für „Spezialkulturen“ wie Dinkel, Durum, Soja, Ackerbohnen etc. zu finden (www.saaten-union.de/abnehmerkarte/).
„Da entstand die Idee, es mal mit dem Anbau von Dinkel zu probieren, zumal alle Prognosen seinerzeit darauf hindeuteten, dass dieser Markt noch wächst. Zudem hatten wir innerhalb der Gemeinschaft eine nicht mehr genutzte Siloanlage mit insgesamt drei Silos, die man inklusive eines Teils der Aufbereitungstechnik, gut für den Dinkel nutzen konnte. Natürlich mussten wir dann noch mal Geld in die Hand nehmen, um in die Technik zur Aufbereitung wie z. B. einen Schäler zu investieren. Aber das Ganze teilt sich bei dem 'Dinkelprojekt' durch fünf Betriebe: Wir vier von der Maschinengemeinschaft plus Andreas Pape, der mit uns im Arbeitskreis Acker ist und über einen Bäcker der Region zum Dinkel gekommen ist. Insofern war das Investitionsvolumen pro Betrieb überschaubar“, erläutert Eckhoff. Mithilfe der Abnehmerkarte konnte die Vermarktung der ersten Ernte organisiert werden: Die geschälte Ware geht zum größeren Teil an den Handel, ein kleinerer in die regionale Verarbeitung durch eine kleinere Mühle. Die Spelzen werden als Einstreumaterial verkauft. Zurzeit wird insgesamt auf ca. 100 Hektar Dinkel angebaut.


Permanenter Austausch und eine gute Vernetzung

Die Betriebsleiter der Gemeinschaft sind in allen Belangen gut vernetzt, zum Beispiel über das F3-Netzwerk und können sich auch bei diesem neuen Betätigungsfeld mit anderen Betrieben austauschen. „Informativer Austausch ist auch innerhalb der Betriebsgemeinschaften das A und O, sonst würde das nicht funktionieren. Wir kommen regelmäßig zusammen und nehmen uns ausreichend Zeit, über alles zu reden. Dabei entstehen dann auch neue Ideen, die zusammen durchdacht werden.“ Das sei zwar manchmal anstrengend, so Eckhoff, aber äußerst produktiv. Auch der Austausch über Netzwerke und generell Offenheit gegenüber Veränderungen und Neuheiten sei aus der Betriebsführung nicht mehr wegzudenken. „Wir probieren hier viel aus, aber am Ende braucht es immer auch Kunden, das darf man nie aus dem Blick verlieren.“



Dinkel ist nicht wie Weichweizen zu behandeln

Dinkelkörner sind durch die Vesen leichter als normale Weizenkörner. Das muss schon bei der Aussaat mit nicht entspelztem Saatgut berücksichtigt werden. Matthias
Eckhoff hat etwa 200 kg/ha ausgesät, also nicht besonders dünn, weil er sonst die Gefahr sah, nicht ausreichend viele ährentragende Halme pro Quadratmeter zu erhalten. „Wir haben aber im Netzwerk erfahren, dass dies unter anderen Gegebenheiten ganz anders aussehen kann. Andere Betriebsleitungen haben auch gute Erfahrungen mit ent­spelztem Saatgut gemacht“, berichtet Eckhoff. Da hier also offensichtlich betrieblich optimiert werden muss, wurde auf dem Betrieb Beneke, der der Gemeinschaft angehört, ein Exaktversuch zu diesem Thema angelegt. Auch bei der Lagerung und beim Einstellen der ja bereits vorher genutzten Misch- und Mahlwerke ist das geringere Gewicht des Dinkels zu berücksichtigen.


Ausblick

„Meiner Meinung nach sollten wir nicht darauf schauen, was NICHT geht, sondern darüber nachdenken, was geht“ – dieses Motto von Matthias Eckhoff wird auch in Zukunft prägend sein: für seinen Betrieb und sicher auch für die Betriebsgemeinschaft. Optimierungsbedarf wird in der Dinkelvermarktung gesehen: „Wir würden gerne mehr Ware in die Produktion regionaler Produkte abfließen lassen. Regionalität wird immer bedeutender. Auch bei der Vermarktung ist noch Luft nach oben. Fallzahlschwache Partien könnten zum Beispiel in die Fütterung abfließen“, urteilt der Betriebsleiter. Auch in der Vermarktung der Kartoffeln und Zwiebeln werden zukünftig vielleicht (auch) neue Wege eingeschlagen werden. An Kontakten diesbezüglich wird bereits gearbeitet, gut vernetzt ist man ja und Ideen gibt es viele.

Text: Stefan Ruhnke, Dr. Anke Boenisch |
Fotos: F. Buchholz


Schnell gelesen (Kurzfassung):

Diese betriebliche Kooperation ist gewachsen: Vor über 12 Jahren als Maschinengemeinschaft, dann übertrug man das Modell auf eine gemeinsame Beregnungsanlage, dann auf eine Biogasanlage. Das letzte Projekt ist ein gemeinsamer Anbau von Dinkel inklusive Aufbereitung, Lagerung und Vermarktung. Innerhalb der Gemeinschaft gab es ungenutzte Futtersilos, die man inklusive einem teil der Aufbereitungstechnik gut nutzen konnte. Der zusätzliche Investitionsbedarf für z. B. den Schäler hielt sich pro Betrieb in vertretbaren Grenzen. Die Vermarktung konnte mithilfe der Abnehmerkarte der Saaten-Union organisiert werden (www.saaten-union.de/abnehmerkarte).

Matthias Eckhoff, der hier stellvertretend für die Gemeinschaft spricht, berichtet auch über Pläne und Optimierungsbedarf des Projektes.