Digital Farming: Mit Online-Tools den Zwischenfruchtanbau optimieren

Längst haben Anwendungen wie Lenksysteme, Applikationskarten oder digitale Schlagkarteien die unter dem Begriff „Smart-Farming“ bekannt sind, Einzug in die landwirtschaftliche Praxis gefunden. Andreas Kornmann stellt hier ein sehr interessantes Online-Tool vor, mit dem man schnell die geeignete Zwischenfruchtmischung ermitteln kann.



Neue digitale Anwendungen, die auf Basis von Schlagdaten, Wetter, Bildern und Algorithmen eine gezielte Empfehlung für Pflanzenschutz, Düngung und Sortenwahl generieren, sind der nächste Schritt in Richtung Entscheidungsfindung mit Hilfe von künstlicher Intelligenz.


Ein solches Online-Tool ist der Zwischenfruchtrechner der SAATEN-UNION. Dieser nutzt verschiedene Parameter wie N-Versorgung des Schlags, Fruchtfolgeglieder, Aussaatzeitpunkt und einige Präferenzen des Betriebsleiters, um daraus passende Mischungen zu empfehlen.


Zwischenfrucht anbauen mit Erfolg
Für einige war die Zwischenfrucht aufgrund rechtlicher Vorgaben bisher ein notwendiges Übel. Die meisten haben aber mittlerweile den Nutzen einer Zwischenfrucht erkannt. Aktives Bodenleben, Schutz vor Nährstoffauswaschung, Humusaufbau und Erosionsreduktion, sind nur einige Punkte, die hier zu nennen sind.


Wer sich aber näher mit dem professionellen Zwischenfruchtanbau beschäftigt, steht schnell vor der Qual der Wahl. Ein schier unendliches Angebot an verschiedenen Mischungen ist am Markt verfügbar. Dabei gibt es bei der Auswahl einiges zu beachten.

Fruchtfolgeeignungen von Zwischenfruchtarten -zum Vergrößern bitte auf die Tabelle klicken
Fruchtfolgeeignungen von Zwischenfruchtarten -zum Vergrößern bitte auf die Tabelle klicken


„Eine falsche Zwischenfrucht unterbricht die Anbauabstände der Hauptfrüchte“

Als erstes müssen die Arten der Mischung in die Fruchtfolge und insbesondere zur Folgefrucht passen, damit Krankheitszyklen unterbrochen, beziehungsweise Krankheiten und Schädlinge gezielt reduziert werden. Dabei ist zu beachten, dass die notwendigen Fruchtfolgeabstände der Hauptkultur nicht durch eine Zwischenfrucht, die demselben Schaderreger als Wirtspflanze dient, unterbrochen wird. Klassische Beispiele sind hier Gelbsenf, der in einer Rapsfruchtfolge Kohlhernie, Verticillium und Sklerotinia überträgt. Sind Zuckerrüben in der Fruchtfolge, muss auf Rübenzystennematoden (Hederodera schachtii) geachtet werden. Diese können mit resistenten Gelbsenf- und Ölrettichsorten bis zu 90% reduziert werden. Ähnliches ist im Kartoffelanbau zu beachten. Hier sind Nematoden wie Trichodoriden, Meloidogyne chitwoodi und Pratylenchus ssp. problematisch. Diese lassen sich mit multiresistenten Ölrettichsorten, wie z.B. DEFENDER oder CONTROL gut kontrollieren.


Neben der Fruchtfolge ist eine gute Entwicklung der Zwischenfrucht entscheidend. Hier die passende Mischung zu finden, hängt im Wesentlichen an den Faktoren Aussaatzeitpunkt und N-Versorgung. Hier haben verschiedene Komponenten in den Mischungen unterschiedliche Ansprüche.


Einfluss des Entwicklungsstadiums auf das Abfrierverhalten
Einfluss des Entwicklungsstadiums auf das Abfrierverhalten
Grundsätzlich gilt zu sagen, dass das Optimum des Aussaatzeitpunktes ausgeschöpft wird, wenn die Pflanzen im Entwicklungsstadium Anfang Blüte in den Winter gehen. Von da an findet kein nennenswertes Wurzelwachstum mehr statt. Je nach Art führt eine zu frühe Aussaat zum einen zum Aussamen, was Probleme in der Folgefrucht machen kann, und zum anderen zu vorzeitigem Blattabwurf, was eine Spätverunkrautung begünstigt. Auf der anderen Seite führt eine zu späte Aussaat zu geringer Biomasseleistung und bei den meisten Kulturen auch zu einem schwächeren Abfrierverhalten.


„Die Zwischenfrucht muss zum Aussaatzeitpunkt passen“

Deshalb sollte zum Beispiel Ölrettich, um leichter abzufrieren, nicht vor der Schossphase in den Winter gehen. Weiter ist zu beobachten, dass sich auch innerhalb der Art die einzelnen Sorten bezüglich ihrer Entwicklungsgeschwindigkeit stark unterscheiden (Abbildung 3). Aus diesen Gesichtspunkten ergibt sich für jede Art und Sorte ein optimaler Aussaatzeitpunkt. So eignen sich zum Beispiel großkörnige Leguminosen wie Erbsen für die frühe und schnellwachsende Kreuzblütler wie Ölrettich SILETINA oder Gelbsenf ALBATROS für die späte Aussaat.

Vergleich Blühzeitpunkt, links Mischung mit Ölrettich COMPASS, rechts Mischung mit Ölrettich SILETINA
Vergleich Blühzeitpunkt, links Mischung mit Ölrettich COMPASS, rechts Mischung mit Ölrettich SILETINA


Der zweite wichtige Punkt, die N-Versorgung der Zwischenfrucht, hängt von vielen Faktoren ab. So führt eine reduzierte Bodenbearbeitung zu einer geringeren N-Mobilisation. Verbleibt dann auch das Stroh auf dem Acker, ist dies zwar gut für den Humusaufbau, es wird aber zusätzlich Stickstoff zur Strohrotte benötigt. Ein weiterer Faktor zur Abschätzung des N-Angebots ist die Nachlieferfähigkeit des Bodens. Hohe Humusgehalte, langjährige organische Düngung und eine gute Vorfrucht begünstigen dies. Weiter hat zuletzt auch noch die direkte Düngung zur Zwischenfrucht einen entscheidenden Effekt.


Dies alles gilt es zu beachten. Bei einer guten N-Versorgung sind vor allem Kulturen, wie Ölrettich und Rauhafer, die hohe Mengen an Stickstoff binden können, von Vorteil. Der aufgenommene Stickstoff ist in dem Aufwuchs gebunden und wird dadurch vor Auswaschung über den Winter geschützt. Bei niedrigen N-Gehalten spielen großkörnige Leguminosen ihr ganzes Können aus. Diese können in Symbiose mit Knöllchenbakterien Luftstickstoff binden. In Kombination in einer Zwischenfruchtmischung führt dies zu einer deutlich besseren Vitalität und höheren Biomasseleistung der gesamten Mischung. Durch Rhizodeposition wird ein Teil des gebundenen Stickstoffs über Wurzelausscheidungen den nicht legumen Mischungspartnern zur Verfügung gestellt.

„Die Auswahl der Mischung nach dem N-Angebot entscheidet über den Erfolg“

Rhizodeposition am Beispiel Ölrettich und Wicke - zum Vergrößern auf das Bild klicken
Rhizodeposition am Beispiel Ölrettich und Wicke - zum Vergrößern auf das Bild klicken


Eine dem Stickstoffniveau des Bodens angepasste Mischung bringt neben der guten Unkrautunterdrückung und guten Durchwurzelung auch noch bares Geld in Form von mehr verfügbarem Stickstoff in der Folgekultur und somit geringerem Bedarf an mineralischen Stickstoffdüngern. Auch der Begrenzung der N-Düngung in der DüVO kann mit einer angepassten Mischung gegengesteuert werden. In der Praxis bringt eine gut gewählte Zwischenfrucht für die Folgefrucht deutlich mehr Stickstoff als in der Stickstoffbedarfsermittlung angerechnet werden muss. Dadurch entsteht „bilanzfreier Stickstoff“, den der Betrieb zusätzlich zur Verfügung hat.

Ölrettich und Wicke ungedüngt
Ölrettich und Wicke ungedüngt


Der Zwischenfruchtrechner

Der Online-Zwischenfruchtrechner der SAATEN-UNION nutzt all diese und weitere Parameter, um mit einem ausgeklügelten Algorithmus die passende Zwischenfruchtmischung für jeden Betrieb zu finden. Die Bedienung ist kinderleicht und mit wenigen Klicks ist schnell die passende Mischung gefunden. Man muss nur die einzelnen Auswahlfelder (Abbildung 7) für den eigenen Betrieb, beziehungsweise den gewünschten Schlag auswählen. Dabei müssen Angaben zur Abschätzung der N-Verfügbarkeit, dem Aussaatzeitpunkt, der angebauten Kulturen in der Fruchtfolge sowie der direkten Folgefrucht nach der Zwischenfrucht gemacht werden.


Zusätzlich können gezielt weitere Einschränkungen vorgenommen werden. So möchte mancher Betrieb in einer wintermilden Lage keinen Ölrettich. Ein anderer, der nach dem System der regenerativen Landwirtschaft arbeitet, möchte wiederum zwingend winterharte Arten in der Mischung haben. Ein weiterer Punkt ist die geplante Aussaattechnik. Hier kann zwischen den streufähigen Mischungen und denen, die vornehmlich mit der Drillmaschine gesät werden sollten, unterschieden werden. Sollte die Fläche sich in einem Wasserschutzgebiet befinden, in dem keine Leguminosen erlaubt sind, so kann dies ebenfalls ausgewählt werden. Auch an die Ökobetriebe wurde gedacht. Wählt man die Wirtschaftsweise „Öko“ aus, dann werden ausschließlich Ökomischungen nach der EU-Verordnung 834/2007 vorgeschlagen.

Auswahlkriterien des Zwischenfruchtrechners
Auswahlkriterien des Zwischenfruchtrechners


Nach der vollständigen Auswahl aller Parameter werden die am besten passenden Zwischenfruchtmischungen angezeigt. Für den seltenen Fall, dass keine Mischung gut passt, kann man ganz einfach durch spielerisches Ändern der Selektion, wie zum Beispiel Erhöhen der Stickstoffrücklieferung oder Verändern der Streufähigkeit, ein gutes Ergebnis erzielt werden.


Insgesamt ist der Zwischenfruchtrechner ein tolles neues Online-Tool, das die Wahl der richtigen Zwischenfruchtmischung enorm erleichtert. Unter www.saaten-union.de/zwischenfruchtrechner kann jeder Interessierte das Online-Tool nutzen.

Andreas Kornmann SAATEN-UNION GmbH