Beregnung - wann lohnt sich das kühle Nass?

Beregnung - wann lohnt sich das kühle Nass?

Auf den zurzeit volatilen Rohstoffmärkten sind nicht nur die Kosten für Dünger massiv gestiegen, sondern auch die Preise für viele landwirtschaftliche Erzeugnisse. Lohnt es sich nun, in die Beregnung einzusteigen, wo rechnet sich eine Beregnung und welche Kulturen sollten bevorzugt beregnet werden? Henning Gödeke, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, bringt Licht ins Dunkel.

Auch der Zeitpunkt der Beregnung ist wichtig. Foto: Saaten-Union
Auch der Zeitpunkt der Beregnung ist wichtig. Foto: Saaten-Union
Die Witterungsbedingungen der letzten Jahre haben deutlich gezeigt, wie vulnerabel die Landwirtschaft bei Extremwetterlagen sein kann. In den Trockenjahren 2018–2020 wurde daher häufig in eine Beregnungsanlage investiert. Betriebe, die bereits über eine Beregnungsmöglichkeit verfügten, mussten vielerorts durch die Dürre ihre Wasserkontingente voll ausschöpfen.


Grundlagen der Beregnung

Aufgrund des Klimawandels haben wir es nicht nur mit einer höheren Durchschnittstemperatur sowie einer höheren Verdunstung zu tun, sondern auch mit stabileren Großwetterlagen. Fällt wochenlang kein Niederschlag, müssen sich die Pflanzen aus dem Bodenvorrat versorgen.

Auch wird die absolute Niederschlagsmenge im Sommerhalbjahr tendenziell geringer und der Niederschlag verlagert sich vielerorts in die Wintermonate. Es wird daher immer wichtiger, auf eine gute Bodenstruktur zu achten, um die Niederschläge bestmöglich aufzufangen und zu speichern. Schwache Standorte mit Sandböden und einer Durchwurzelungstiefe von 60 cm können teilweise nur 60–80 mm pflanzenverfügbares Wasser speichern. Ausgehend von einem gesättigten Boden ist bei einer durchschnittlichen Verdunstung von 4 mm/Tag während der Hauptwachstumszeit bereits nach 8–10 Tagen die Hälfte des gespeicherten Wassers verbraucht. Bei beregnungswürdigen Kulturen wie Kartoffeln wäre dann eine Zusatzwassergabe nötig. Sehr gute Böden speichern hingegen bis zu 240 mm pflanzenverfügbares Wasser und die Pflanzen können sich in Trockenphasen dadurch deutlich länger mit Wasser versorgen, sofern die Böden zuvor gesättigt waren.


Beregnungsbedürftigkeit ist sehr unterschiedlich

Langjährige Versuchsergebnisse der Landwirtschaftskammer Niedersachsen zeigen, dass Ackerkulturen unterschiedlich beregnungsbedürftig sowie beregnungswürdig sind. Beregnungsbedürftig ist eine Kultur, wenn sich durch Zusatzwassergaben Mehrerträge erzielen lassen. Beregnungswürdig ist sie, wenn die Erlöse durch die Mehrerträge die Mehrkosten der Beregnung übersteigen. Dabei reagieren die Ertragsleistungen der Kulturen auf eine Beregnung sehr unterschiedlich (Abb. 1). So zeigen sich bei der Beregnung des Winterroggens zwar Mehrerträge von 15 %, die Mehrerlöse machten die Zusatzkosten durch den Beregnungseinsatz allerdings in der Vergangenheit nicht wett. Die Beregnung der Kartoffel ist hingegen fast immer sehr wirtschaftlich. Die anderen untersuchten Ackerkulturen befinden sich hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit dazwischen.


Beregnungsversuche; zum Vergrößern bitte anklicken
Beregnungsversuche; zum Vergrößern bitte anklicken


Die im langjährigen Mittel höchsten Mehrerträge durch eine optimale Beregnung konnten im Weizen und der Gerste (32–41 %) und in Speisekartoffeln (28 %) realisiert werden. Ohne Beregnung wurden hier nur 70–75 % des möglichen Ertrages erreicht. Bei Zuckerrüben, Winterroggen und Silomais fiel die Ertragssteigerung mit 15–19 % deutlich geringer aus. Der Raps reagierte mit nur 6 % Mehrertrag besonders wenig auf Beregnung. In extremen Trockenjahren wie 2018 waren jedoch alle Kulturen ohne Beregnung gleichermaßen von Ertragseinbrüchen betroffen.


Reduzierte Beregnung: bei trockentoleranten Kulturen ausreichend

Auch durch eine reduzierte Beregnung können die Ertragsverluste im Vergleich zur unberegneten Kontrolle in allen Kulturen deutlich verringert werden. Dabei wurden ca. 300 bis 500 m3 Wasser je ha eingespart. Allerdings erreichten die Erträge meistens nicht das Niveau der optimal beregneten Varianten. Eine Ausnahme bildete hier der Winterraps. Bei den anderen Kulturen erreichte die reduzierte Beregnungsstrategie gegenüber der optimalen Beregnung einen Ertrag zwischen 89 % bei der Wintergerste und 98 % bei der Zuckerrübe. Daraus wird bereits deutlich, dass Raps, Roggen und Zuckerrübe relativ trockenheitstolerante Kulturen sind, die den Wasservorrat des Bodens sehr gut ausnutzen und in Ertrag umsetzen können.


Für die Beregnungswürdigkeit sehr wichtig: Marktpreise, Kosten und Qualitäten

Für die wirtschaftlichen Auswirkungen der unterschiedlichen Intensitäten bei der Beregnung sind neben der Wassereffizienz auch die Preis- und Kostensituation sowie die Verwertungsrichtung mit den jeweiligen Qualitätserfordernissen zu berücksichtigen. Letzteres spielt vor allem bei Kartoffeln und Braugerste eine wichtige Rolle. In der Regel verfügen die Beregnungsbetriebe über ein behördlich genehmigtes Wasserkontingent von 600–800 m³/ha pro Jahr, welches eingehalten werden muss. Daher ist es kaum möglich, den Beregnungsbedarf aller angebauten Kulturen zu decken. Es ist eine Rangfolge zu bilden: Kartoffel > Braugerste, Winterweizen > Wintergerste > Silomais, Raps > Zuckerrübe, Roggen

Aufgrund der aktuellen Marktentwicklung ist auch die Vorzüglichkeit der Getreideberegnung angestiegen. Die Wirtschaftlichkeit der Silomais- und Zuckerrübenberegnung hat sich durch die meist festgelegten Preise bzw. die geringeren Preissteigerungen jedoch kaum verändert. Raps ist zwar deutlich im Preis gestiegen, reagierte auf dem Versuchsfeld aber wenig auf die Beregnung, sodass es hier ebenfalls nur zu geringen Veränderungen gekommen ist.


Beregnungseffizienz über Menge und Zeitpunkt optimieren

Die Bewässerung sollte darüber hinaus immer so effizient wie möglich, d. h. in der richtigen Menge und zum richtigen Zeitpunkt erfolgen. Die Wasserversorgung muss besonders in den ertragssensiblen Entwicklungsphasen stimmen. Diese Phasen sind daher gleichzusetzen mit den kulturspezifischen Hauptberegnungszeiträumen.

Es ist meistens nicht ratsam, mit der Beregnung zu früh zu beginnen. Denn damit werden die Pflanzen „verwöhnt“ und bilden nur schwache Wurzeln, jedoch einen üppigen Blattapparat aus. Das Gegenteil jedoch ist erwünscht: ein früh gebildetes, kräftiges und tief reichendes Wurzelwerk und ein nicht zu üppiger Blattapparat. Denn zu dichte, blattreiche Bestände bilden nicht unbedingt einen höheren Ertrag, benötigen durch eine gesteigerte Verdunstung aber mehr Wasser. Auch die näheren Witterungsbedingungen spielen eine Rolle: Bei länger anhaltendem heißen und sonnigen Wetter ist die Verdunstungsintensität sehr hoch. Dadurch kommt es bei Wassermangel eher zu Schäden, weshalb dann frühzeitiger und häufiger beregnet werden sollte. Anders verhält es sich in niederschlagsfreien Zeiten mit mäßigen Temperaturen und Bewölkung. Hier kann die Beregnung verschoben bzw. reduziert werden.


Fazit

Wichtige Faktoren für eine Beregnungswürdigkeit sind neben der Ertragsreaktion der Kulturart auch Marktpreise, Kosten und geforderte Qualitäten. Für eine optimale Beregnungseffizienz spielen der Zeitpunkt der Maßnahme, Temperatur, Bewölkungsintensität und Entwicklungsstadium eine wichtige Rolle. Eine reduzierte Beregnung kann unter Umständen in Zeiten von Wasserknappheit ein guter Kompromiss sein.

Fotos: Gödeke, SAATEN-UNION


Schnell gelesen (Kurzfassung):

Aufgrund des Klimawandels haben wir sowohl mit einer höheren Durchschnittstemperatur und einer höheren Verdunstung als auch mit stabileren Großwetterlagen, bei denen wochenlang kein Niederschlag fällt, zu tun. Auch wird die absolute Niederschlagsmenge im Sommerhalbjahr tendenziell geringer und der Niederschlag verlagert sich vielerorts in die Wintermonate. Eine gute Bodenstruktur zur Speicherung der Niederschläge wird jetzt immer wichtiger.


Beregnungsbedürftigkeit ist sehr unterschiedlich

Man unterscheidet zwischen Beregnungswürdigkeit und Beregnungsdürftigkeit einer Kulturart. Beregnungsbedürftig ist eine Kultur, wenn sich durch Zusatzwassergaben Mehrerträge erzielen lassen. Beregnungswürdig ist sie, wenn die Erlöse durch die Mehrerträge die Mehrkosten der Beregnung übersteigen. Ackerkulturen sind sehr unterschiedlich beregnungsbedürftig sowie beregnungswürdig und reagieren in der Ertragsleistung auf eine Beregnung sehr unterschiedlich. So zeigen sich in den zugrundeliegenden versuchen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen bei der Beregnung des Winterroggens zwar Mehrerträge von 15 %, die Mehrerlöse machten die Zusatzkosten durch den Beregnungseinsatz allerdings in der Vergangenheit nicht wett. Die Beregnung der Kartoffel ist hingegen fast immer sehr wirtschaftlich. Die anderen untersuchten Ackerkulturen befinden sich hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit dazwischen.

Besonders gering fiel die Reaktion auf eine Beregnung beim Raps aus. In extremen Trockenjahren wie 2018 waren jedoch alle Kulturen ohne Beregnung gleichermaßen von Ertragseinbrüchen betroffen.


Reduzierte Beregnung: bei trockentoleranten Kulturen ausreichend

Auch durch eine reduzierte Beregnung können die Ertragsverluste im Vergleich zur unberegneten Kontrolle in allen Kulturen deutlich verringert werden. Dabei wurden ca. 300 bis 500 m3 Wasser je ha eingespart. Allerdings erreichten die Erträge meistens nicht das Niveau der optimal beregneten Varianten.

Die Versuche zeigten, dass Raps, Roggen und Zuckerrübe relativ trockenheitstolerante Kulturen sind, die den Wasservorrat des Bodens sehr gut ausnutzen und in Ertrag umsetzen können.


Für die Beregnungswürdigkeit sehr wichtig: Marktpreise, Kosten und Qualitäten

Für die wirtschaftlichen Auswirkungen der unterschiedlichen Intensitäten bei der Beregnung sind neben der Wassereffizienz auch die Preis- und Kostensituation sowie die Verwertungsrichtung mit den jeweiligen Qualitätserfordernissen zu berücksichtigen. Letzteres spielt vor allem bei Kartoffeln und Braugerste eine wichtige Rolle. Wenn nur begrenzte Wassermengen oder technische Kapazitäten für die Bewässerung zur Verfügung stehen, muss sich die Reihenfolge der Kulturen nach ihrer Beregnungswürdigkeit richten. Aus den Versuchsergebnissen der Landwirtschaftskammer ergibt sich daraus folgende Reihenfolge:

Kartoffel > Braugerste, Winterweizen > Wintergerste > Silomais, Raps > Zuckerrübe, Roggen


Optimierung der Beregnungseffizienz

Für eine optimale Beregnungseffizienz spielen der Zeitpunkt der Maßnahme, Temperatur, Bewölkungsintensität und Entwicklungsstadium eine wichtige Rolle. Die Wasserversorgung muss besonders in den ertragssensiblen Entwicklungsphasen stimmen. Daneben sind aber auch vorliegende Verdunstungsintensität bei der Bemessung und Terminierung der Beregnung zu beachten.